Die Leserkommentare zu Becketts Essay auf der Seite GOODREADS finde ich bemerkenswert, und zwar insofern, als sie unter anderem folgendes thematisieren: Becketts philosophische Sprache in PROUST und seine dichterische Sprache in seinen Stücken, Romanen und Texten.
Es handelt sich um eine Entgegensetzung, um eine Trennung, die ich nie verstanden habe, kommt es doch darauf an, wie Philosophie und Dichtung sich jeweils modifizieren, welche Gestalt sie annehmen.
Ich bin auf diesen Essay gestossen, als ich 1967 im Deutschunterricht am Hessenkolleg in Kassel ein Referat über Beckett halten musste, sollte, durfte. Ich habe damals zwar nicht alles verstanden, was der Ire im Alter von 25 Jahren geschrieben hatte, aber dennoch vieles: Voraussetzung oder Bedingung meines Verständnisses war eine tiefe Erschütterung, die ich ein halbes Jahr zuvor erlebt hatte und die noch immer – zum Zeitpunkt des Referats – in sehr starkem Maße nachwirkte.
Ich war in ein Mädchen verliebt. Sie tauchte unverhofft in meinem Leben auf, sie war mir erschienen wie etwas Absolutes, das durch nichts hätte übertroffen werden können. Der Haken war nur, und das zeigte sich später, dass sie mich dazu benutzt hatte, ihren alten Freund wieder anzulocken, den sie schließlich auch heiratete.
Sie studierte in Gießen, ich wohnte in Kassel. Wir schrieben uns täglich Briefe, doch als eines Tages kein Brief kam, fuhr ich mit einem Freund von Unruhe angetrieben nach Gießen. Im Gegensatz zu meinem Erscheinen zuvor, blockte sie dieses Mal ab, doch sie sagte nicht, dass sie mich verlassen wollte, sondern nur, dass ich auf sie oder eine Nachricht von ihr in Kassel warten sollte, was dazu führte, dass ich die folgenden Wochen auf jedem Stück Papier, das ich irgendwo auf der Straße erblickte, eine Nachricht von ihr vermutete.
Die ganze desillusionerende Kraft Becketts, die sich schon in seinem Essay zeigte, die Metaphern und Bilder der Nichtidentität von Subjekt und Objekt, die Denkfiguren der Vergeblichkeit, Verlust, die Unmöglichkeit sich erfüllender Sehnsucht, die Qualen des Tantalus, all das wirkte auf mich und in mir wie eine Medizin, eine sehr, sehr bittere Medizin, die ich benötigte, um aus dem Zustand der Verzweiflung wieder hinauszugelangen.
Ein Satz zu Beginn des Essays hatte es mir besonders angetan:
Das Gestern hat uns deformiert, so wie es von uns deformiert worden ist.
Ich fühlte mich als Deformierter, und es bedurfte im Laufe vieler Jahre, die danach folgten, hohe Dosen an Theodizee, um dieser Deformation etwas Positives abgewinnen zu können.
The old ego dies hard.