vorgestellt von
Richard Albrecht
Freitag, 28. Februar 2014
Würde ich, wie bis Ende der Nullerjahre lange Jahrzehnte lang, sozial-, kultur- und medienwissenschaftlich arbeiten – dann hätte ich nun hervorragendes ikonographisches Material für eine vergleichende literatur- und mediensoziologische Studie, könnte alles vorbereiten und müßte nur noch abwarten, bis im gegenwärtigen Ganzdeutschland eine Neuverfilmung (etwa in Form einer Literaturadaption fürs „öffentlich-rechtlich“ genannte Zwangsgebührenfernsehen) von Robert Louis Stevensons DIE SCHATZINSEL erfolgt …
Der zuerst 1881/82 als Fortsetzungsgeschichte und 1883 in Buchform veröffentlichte, als für Kinder und Jugendliche geeignet erklärte, (Abenteuer-) Roman des schottischen Autors Robert L. Stevenson (1850-1884) gilt als europäischer Beitrag zur Weltliteratur. Der Roman erschien 2013 in einer auf sprach- und literaturwissenschaftlicher Grundlage erarbeiteten deutschsprachigen Neuübersetzung von Andreas Nohl (*1954). Auf diesem Text beruht auch die neue Hörbuchfassung von Harry Rowohlt (*1945).
Die handlungsbestimmende Fabel des Romans läßt sich so zusammenfassen (http://www.ddr-hoerspiele.net/lp/Schatzinsel.html):
„Die Geschichte von der Schatzinsel beginnt an der Küste Englands, zu einer Zeit, da die Taten der Seeräuber Flint und Ballantyne noch in aller Munde waren, als sie noch den Alltag der Seefahrt und des Handels bedrohten. Jim Hawkins, der Held der Geschichte, knapp vierzehn Jahre alt, wird Zeuge eines Verbrechens in der Gastwirtschaft der Eltern „Zum Admiral Benbow“, eines Verbrechens, das Seeräuber gegen einen ihrer Kumpane, Bill Bones, planen. Bones hat den Plan vom Versteck all der Schätze, die der Seeräuberkapitän Flint auf einer entlegenen Insel versteckt hat. Sie wollen ihm diesen Plan abjagen, aber Bones erliegt aus Angst und wegen seiner ständigen Sauferei einem Schlaganfall. Sie kommen zu spät, denn Jim hat das Geheimnis des Planes von Bones erfahren, nimmt den Plan der Schatzinsel an sich und kann mit der Mutter in letzter Minute aus dem Hause fliehen. Die Seeräuber werden verjagt, und Jim überreicht seine Beute Dr. Livesay und dem Friedensrichter Trelawney.
Der Friedensrichter und der Doktor beschließen, gemeinsam mit Jim auf die Suche nach dem Schatz zu gehen. Sie rüsten ein Schiff und heuern eine Mannschaft, um zu der fernen Insel zu segeln. Damit beginnt für unseren Jim das große Abenteuer, ein Abenteuer, bei dem er und die Freunde große Gefahren zu bestehen haben, aber immer wieder gelingt es Jim, die Freunde aus bedrängter Situation zu retten – mit seiner List und seinen Ideen.“
Die von Andreas Nohl, der vorher schon Texte von Stevenson und Mark Twain neu übersetzte, darunter Tom Sawyers Abenteuer und Huckleberry Finns Abenteuer (Hanser 2010), verantwortete Neuedition des Romans ist mehr als nur eine Neuübersetzung. Sie enthält als Anhang gut dreihundert informative Anmerkungen zum Text, Stevensons Text Mein erstes Buch, Hinweise von Fanny Stevenson von de Grift (1840-1914) zur Entstehung des Romans, eine kurze Nachbemerkung von Lloyd Osbourne und zwei wissenschaftliche Texte des Herausgebers Nohl über Stevensons Romanfabel und seine Romanfiguren sowie zur Übersetzung.
Das von Harry Rowohlt vom Vorspann An den zaudernden Käufe bis zum vierunddreißigsten Kapitel Zu guter Letzt voluminös gesprochene und piratisch gelesene Hörbuch bringt den ungekürzten Romantext in der Neuübersetzung (Länge etwa 488´). Da braucht´s in der Tat Geduld und Muße beim Hören.
Bleibt nur noch eine (scheinbar disparate) Einzelheit in memoriam Robert Stevenson und in Erinnerung an meine Juliwochen nördlich von Inverness in Tongue und Durness im Anschluß an die Fußball-WM in England 1966 nachzutragen: möge das Scottish independence referendum am 14. September 2014 nicht nur nach gut dreihundert Jahren die neue Unabhängigkeit Schottlands herbeiführen. Sondern auch zur Überwindung des Scottish capitalism einen neuen Weg zum Scottish socialism im europäischen Kontext eröffnen.
HörBuch
Robert Stevenson, Die Schatzinsel. Roman. Hrgg. und übersetzt von Andreas Nohl. München: Hanser, 2013, 383 p., ISBN 978-3-446-24346-0, € 27.90 (D), 28.70 (A), ca. 37.90 Stutz (CH) (freier Pr.)
Die Schatzinsel. Robert Louis Stevenson; Harry Rowohlt [Sprecher]; Andreas Nohl [Übersetzer]. Neue Ausgabe. Bochum: Roof Music, 2013, 6 CDs, 24.99 € [und] Online Ressource, mp3 player, 450 MB, ISBN 978-3-86484-057-9; € 16.99 (D) (freier Pr.), 17.20 (A) (freier Pr.), 25.90 Stutz (CH) (freier Pr.)
Hinweise in Linkform
Der englischsprachige Originaltext des Romans findet sich unter anderem hier http://www.gutenberg.org/files/120/120-h/120-h.htm. Die deutschsprachige Altübersetzung steht hier http://gutenberg.spiegel.de/buch/4359/1 . Auf dieser Grundlage gab es eine (in der damaligen DDR) entstandene Hörspielfassung http://www.ddr-hoerspiele.net/lp/Schatzinsel.html und später eine neuere ganzdeutsch-kommerzielle Version http://www.randomhouse.de/Hoerbuch/Die-Schatzinsel/Robert-Louis-Stevenson/e387874.rhd.
Informative Roman- und Autorendarstellungen einschließlich des literarisierten Doppelgängertopos in der Novelle Dr Jekyll and Mr Hyde (1886) gibt es in der deutsch- und englischspachigen Wikipedia hier http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Schatzinsel http://en.wikipedia.org/wiki/Treasure_Island http://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Louis_Stevenson http://en.wikipedia.org/wiki/Robert_Louis_Stevenson http://de.wikipedia.org/wiki/Der_seltsame_Fall_des_Dr._Jekyll_und_Mr._Hyde http://en.wikipedia.org/wiki/Strange_Case_of_Dr_Jekyll_and_Mr_Hyde
Was Verfilmungen betrifft, kann auf drei (davon zwei neuere) verwiesen werden: einmal auf die 1966 entstandene deutsch-französische Produktion http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Schatzinsel%281966%29_ (Regie Wolfgang Liebeneiner, Länge 340´, im ZDF als Vierteiler gesendet): zum anderen auf die 2007 erfolgte Neuverfilmung http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Schatzinsel%282007%29_ (Regie Hansjörg Thurn, Länge 186´): und drittens auf den 1950 produzierten, kostenlos herunterladbaren, englischsprachigen Abenteuerfilm THE TREASURE ISLAND http://www.youtube.com/watch?v=TkBKE07p-oA (Regie Byron Heskin, Länge 96´).
Daten zu Leben & Wirken der Protagonisten der hier vorgestellten Neueditionen finden sich hier http://de.wikipedia.org/wiki/Andreas_Nohl und hier http://de.wikipedia.org/wiki/Harry_Rowohlt
Richard Albrecht ist Journalist und Sozialwissenschaftler (Diplom, Promotion, Habilitation) und seit seiner Beurlaubung als Privatdozent 1989 unabhängiger Wissenschaftsjournalist, Editor und Autor in Bad Münstereifel. Bisher letzte Buchveröffentlichung HELDENTOD. Kurze Texte aus Langen Jahren (2011: http://duckhome.de/tb/archives/9003-HELDENTOD.html) Netzarchiv des Autors eingreifendes-denken ©Autor (2014)