Erich Kästner .. Notabene 45

 

In dem 1961 erschienenen literarischen Tagebuch Notabene 45 beschreibt Erich Kästner seine Erlebnisse im zusammenbrechenden Deutschland am Ende des Zweiten Weltkriegs.
Der auf Tagebuchnotizen beruhende Bericht beginnt am 7. Februar 1945 kurz vor dem verheerenden Bombenangriff auf Dresden, die Geburtsstadt Kästners. In Berlin versuchten einige Filmleute, sich aus der brennenden Hauptstadt abzusetzen. Unter dem Vorwand, den Film Das falsche Gesicht produzieren zu wollen, reiste eine über 100-köpfige Truppe aus Schauspielern, Kameraleuten, Tontechnikern usw. nach Mayrhofen in Tirol. Mit dabei war als angeblicher Drehbuchautor Erich Kästner, den Freunde nachträglich auf die Teilnehmerliste geschmuggelt hatten. Das Propagandaministerium, das dieses Projekt zunächst ablehnte, wurde mit einem Hinweis, dass dieser Film für den kurz bevorstehenden Endsieg gedacht sei, elegant ausmanövriert. Über die Tatsache, dass es gar kein Filmmaterial mehr gab, sah man großzügig hinweg. Der Bericht endet am 2. August 1945, kurz vor der Gründung des Kabaretts Die Schaubude, für die Kästner Texte lieferte.
Obwohl Erich Kästner von den Nationalsozialisten mit einem Schreibverbot belegt und mehrfach von der Gestapo verhört worden war, ist Notabene 45 nicht ausschließlich als Abrechnung mit dem verhassten Regime zu verstehen. Mit beißender Ironie kommentiert er den alltäglichen Wahnsinn, etwa die bis zuletzt unermüdlich arbeitende Bürokratie, die inmitten allgemeiner Auflösungserscheinungen korrekt ausgefüllte Formulare in achtfacher Ausfertigung verlangte. Die Untaten der neuen Herren im Land, wie etwa Vergewaltigungen, werden ebenfalls angesprochen. Trotz eines immer wieder einfließenden Sarkasmus werden die meisten Geschehnisse wertfrei und neutral geschildert, so dass Notabene 45 durchaus als Zeitzeugnis gelten kann …

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