„Endspiel“ vs. „Ein Fall für Boris“

Beide Stücke spielen sich in einem Raum ab, der karg ausgestattet ist. Hamm, der blinde Alte, entspricht im Vergleich zu „Ein Fest für Boris“ der beinlosen Guten. Beide Hauptfiguren können sich nicht mehr selbständig bewegen, beide sind wortführend und dirigieren ihre Diener (Clov bzw. Johanna) herum. Hamm sitzt in einem mit Röllchen versehenen Sessel, währenddem die Gute in einem Rollstuhl sitzt. Die Eltern Hamms, Nagg und Nell, sind ebenfalls beinlos und in den Mülltonnen jeglicher Bewegungsfreiheit beraut. In „Ein Fest für Boris“ kommt die Bewegungslosigkeit in den Figuren der beinlosen Krüppel zum Ausdruck: Alle ausser Johanna sind beinlos. Die Bewegung der Personen ist in beiden Stücken auf eine Person fixiert, Johanna bzw. Clov. Johanna ist analog zu Clov in „Endspiel“ die untergeordnete, dienende Figur.

Zwischen Johanna und Boris zeichnet sich eine gewisse Solidarität gegen die Gute ab, ähnlich zwischen Hamms Eltern und Clov gegen Hamm. Nell, die Mutter Hamms, ermutigt Clov heimlich wegzugehen. Johanna schenkt Boris Äpfel, wohlwissend, dass die Gute, das Geräusch, wenn jemand in einen Apfel hineinbeisst, nicht ausstehen kann. Diese Solidarität kommt aber nur schwach zum Ausdruck, denn die abhängigen Figuren sind zwar miteinander verbunden, da sie sich in einer ähnlichen untergeordneten Lage befinden, aber die Deformation und die Bewegungslosigkeit scheint sich bereits auf diese Figuren übertragen zu haben. Wieso gehorchen Johanna bzw. Clov in jeder Situation ihren Vorgesetzten, wieso lassen sich beide bedingungslos tyrannisieren? Selbst Clov stellt sich diese Frage. Sie scheinen keine Hoffnung mehr auf eine bessere Situation zu haben. In Endspiel ist das Ende vorgezeichnet. Die Aussenwelt ist tod, es geht zu Ende, alles wird hoffnungslos. Die Personen gehen dem gleichen Schicksal entgegen. Clov, Nagg und Nell kommen trotz Hamms Machtposition zu Wort. In „Ein Fest für Boris“ ist jede Person hingegen in ihrer eigenen Verzweiflung gefangen, Johanna zum Schweigen verurteilt. Sie hat aufgehört, auf die Fragen der Guten zu antworten, weil ihr diese gar nicht mehr zuhört. Die Gute verfällt der Wahnidee, sich einen Mann zu kaufen, um nicht mehr alleine zu sein, muss aber einsehen, dass ihr diese Entscheidung nicht zu ihrem Glück verhilft.

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