Prof. Werner Huber, Wien, Mitglied der Beckett-Gesellschaft

Von Beckett zu Beckham
Forschungsprojekte, Porträts Neo-Professuren
Simone Kremsberger (Redaktion) am 18. Oktober 2006
Samuel Beckett kam 1928 nach Wien, Werner Huber 2005. Während ersterer seinen Aufenthalt auf ein paar Wochen beschränkte, um seine Erlebnisse umso dauerhafter in seinen ersten Roman einfließen zu lassen, bleibt Beckett-Forscher Werner Huber dem Institut für Anglistik und Amerikanistik vorerst erhalten. Und erwartet von seinen Studierenden, ein Theaterstück ebenso „lesen“ zu können wie Fotos von Robbie Williams oder David Beckham als Stil-Ikonen und Phänomene der Popkultur. Am 25. Oktober hält Huber seine Antrittsvorlesung.
Seit einem Jahr hat Univ.-Prof. Dr. Werner Huber eine Professur für Englische und Amerikanische Sprache und Literatur an der Universität Wien inne. „Ich fühle mich gut aufgehoben in der Fakultät mit den anderen Philologien und Kulturwissenschaften“, betont der Anglist. Denn an der Technischen Universität Chemnitz, wo Huber zuvor lehrte, war Literaturwissenschaft ein beinah exotisches Fach: „Dort war das Klima von Maschinenbauern dominiert.“ Wien, so Huber, sei mit seinem Angebot an englischsprachigen Theatern, Kinos und Literaturveranstaltungen als Standort für die Anglistik optimal. 

Beckett und das Biografische

Und Wien ist für Huber als passionierten Beckett-Forscher doppelt interessant: Samuel Beckett hat 1928 eine Reise nach Wien unternommen und seine Erlebnisse in seinem ersten Roman „Dream of Fair to Middling Women“, auf Deutsch „Traum von mehr bis minder schönen Frauen“, einfließen lassen. Dieses Frühwerk, in dem Beckett mit Stilrichtungen und Formen experimentiert, war lange unter Verschluss und erschien erst 1992, drei Jahre nach dem Tod des Autors, in Buchform. Huber bezeichnet das Werk zwar als „pubertär“, doch: „Interessant ist, dass Beckett in diesem Roman sehr direkt von sich selbst erzählt, wohingegen er in seinem Hauptwerk losgelöst von der Welt und sich schreibt.“ Der Literaturwissenschafter untersucht das Verschwinden des Biografischen in Becketts Werk – und schließlich das Wiederauftauchen biografischer Aspekte in Form von Erinnerungen.

Irisches Drama in Wien

Von Beckett, den Huber vor allem als Dramatiker schätzt, ist der Weg zum Theater nicht weit. Werner Huber beschäftigt sich wissenschaftlich mit dem Drama – derzeit im Rahmen des groß angelegten FWF-Projekts „Weltbühne Wien“ unter der Leitung seines Kollegen Univ.-Prof. Dr. Ewald Mengel. Innerhalb des Forschungsprojekts, das die Aufnahme anglophoner Dramatiker auf Wiener Bühnen im 20. Jahrhundert zum Thema hat, untersucht Huber anhand von Rezensionen, Programmheften, Plakaten und Bühnenbildern die Rezeption des irischen Dramas in Wien.

Englisches Drama in London

Huber, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für das englischsprachige Theater und Drama der Gegenwart (CDE) ist, will auch seinen Studierenden das Theater näher bringen: Im Rahmen einer Lehrveranstaltung hat er im vergangenen Sommersemester mit 20 Studierenden eine Exkursion nach London unternommen, um gemeinsam Stücke zu sehen und die Theaterszene vor Ort zu erkunden. Für das kommende Sommersemester ist bereits eine Fortsetzung geplant.

Sprachbeherrschung und Textverstehen

Von seinen Wiener Studierenden, die er als „hervorragend sprachlich vorgebildet“ bezeichnet, erwartet Huber neben Sprachbeherrschung und Expertise für die englische Sprache und Kultur die Fähigkeit, Texte zu verstehen und analysieren zu können. Wobei „Text“ hier vieles heißen kann: ein Gedicht, ein Drama, ein Bild, ein Film.

„Culture Vultures“

Dabei hat er keine Scheu vor populären Themen. In einem von ihm edierten Sammelband zum Thema „Intermedialität“, der demnächst erscheint, geht es unter anderem um Simulation in der Filmtrilogie „The Matrix“ und Bezüge zwischen den „Simpsons“ und Edgar Allan Poe. Und das Cover seines Lehrveranstaltungs-Skripts zu „Cultural Studies“ zeigt Fotos von David Beckham und Robbie Williams – letzteren mit einem Tanga-Slip, auf dem der Union Jack prangt. Solche Bilder sollen die Studentinnen und Studenten ebenso „lesen“ können wie ein Theaterstück oder ein Sonett. Denn Kultur lauert überall. Vor allem in Wien. Und Hubers Studierende sollen richtige „Culture Vultures“ werden: Kulturgeier. (sk)

Die Antrittsvorlesung von Univ.-Prof. Dr. Werner Huber mit dem Titel „‚In a through horsebox to Wien‘ – Samuel Beckett, Wien und der autobiographische Pakt“ findet am Mittwoch, 25. Oktober 2006, um 17 Uhr im Kleinen Festsaal der Universität Wien statt.

Buchtipp:
Werner Huber, Evelyne Keitel, Gunter Süß (Hg.), Intermedialities. Trier: WVT Wissenschaftlicher Verlag Trier (erscheint Ende 2006).

Werner Huber is Professor of English and American Language and Literature. He received his Ph.D. from the University of Mainz and his ‘Habilitation’ from the University of Paderborn. Before moving to Vienna he taught at the universities of Paderborn, Tübingen, and Chemnitz. His research interests and publications are in the fields of Irish Studies, auto/biography, British Romanticism (esp. the Romantic-era novel), Samuel Beckett, contemporary theatre, and intermediality. He is President of the Society for Contemporary Theatre and Drama in English (CDE) and Vice-President (Europe) of the International Association for the Study of Irish Literatures (IASIL).



 

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.