Arno Schmidt: Seelandschaft mit Pocahontas

Diesmal aber als Theater!

Zwei Männer, zwei Frauen, ein See – viel mehr brauchte Arno Schmidt 1953 nicht für eine der schönsten deutschen Liebesgeschichten. In der Zeit des langsam anlaufenden Wirtschaftswunders machen Joachim und Erich, zwei ehemalige Kriegskameraden, ein paar Tage Urlaub am Dümmer See. Die Zuneigung zweier Erholung suchender Sekretärinnen erobern die beiden Männer im Sturm. Der handfeste Malermeister Erich amüsiert sich mit seiner Annemie bei Preistanz und Schampus, während Joachim, ein mittelloser Schriftsteller, sein Glück mit Selma im Paddelboot zwischen den Schilfinseln des Dümmer findet – wobei das sonnenverbrannte Mädchen sich in seiner Phantasie in die Indianerprinzessin Pocahontas verwandelt. Was dann nachts in den Betten des Pensionshauses Holkenbrink passiert und von Arno Schmidt sprachmächtig beschrieben wurde, hat ihm in den prüden 50er Jahren eine Anzeige wegen Pornographie eingebracht. An der Oberfläche dieser Erzählung aus dem norddeutschen Flachland sieht es nach Idylle aus: Sonnenschein und Segelboote, echter Bohnenkaffee und fetter Dümmeraal, Ausflüge ins Moor und Besichtigung von Steinzeithütten. Doch unter der Oberfläche brodelt die immer wieder aufbrechende Erinnerung an den nur acht Jahre zurückliegenden Weltkrieg. Aus dem Sommerflirt kann schon aus finanziellen Gründen nichts Festes werden – aber Joachim versucht wenigstens, ihm durch Fotografieren etwas Dauer zu verleihen. Dabei klagt er selber: »Kind, was tun sich die Menschen für Erinnerungen an!«

Die Uraufführung findet aus Anlass von Arno Schmidts 100. Geburtstag statt. Bernd Rauschenbach, Vorstand der Arno Schmidt Stiftung, Literaturwissenschaftler und Schriftsteller, erarbeitet die Bühnenfassung der Romanvorlage, die er gemeinsam mit Kalle Kubik inszeniert.

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