Das Reale ist das Absurde

Eine Umkehr der Werte thematisierte einst Buñuel in seinem Film Das Gespenst der Freiheit. Eine der Episoden handelt von folgendem: Ein Killer besteigt einen Turm inmitten der Stadt, legt wahllos, aber gezielt Leute um, kommt vor Gericht, wird freigesprochen und ob seiner Taten beklatscht.

Maschmeyer bringt Kleinanleger um ihr Geld und wird als Held gefeiert. Erdogan gilt als Unterdrücker, ihm wird aber der Toleranzpreis verliehen. Obama erhielt den Friedensnobelpreis und führt Kriege.

George Clooney und sein Vater, die gegen das Morden demonstrieren, werden in Handschellen abgeführt. T-online präsentiert dies dann unter der Rubrik Unterhaltung:

Hollywood-Star George Clooney und sein Vater Nick sind bei einer Protestkundgebung vor der sudanesischen Botschaft in Washington festgenommen worden. Das US-Fernsehen zeigte, wie die beiden in Handschellen von Polizisten abgeführt wurden. Die Regierung in Khartum müsse aufhören, “ihr eigenes Volk umzubringen, zu vergewaltigen und auszuhungern”, hatte der Schauspieler zuvor vor laufenden Kameras auf den Stufen der Botschaft erklärt.”

Quelle:

http://unterhaltung.t-online.de/george-clooney-bei-protestaktion-festgenommen/id_54865660/index

Vorgestern erhielt ich vom Theater praesent aus Innsbruck folgende Mail, in der das Team des Theaters, welches im Begriffe ist, Warten auf Godot aufzuführen, folgendes Statement, das mir klar machte: das Absurde ist das Reale und das Reale das Absurde. Folglich ist auch die künstlerische Kategorisierung und Unterscheidung zwischen Absurdem und Realismus hinfällig:

“In einer Welt, in der es Bore-out, Burnout, Mobbing, Bossing, Arbeitslosigkeit, Krieg, Psychosen, Neurosen, Hysterien, Wahnvorstellungen, religiösen Fanatismus, 9 to 5 Jobs, Gleitzeitarbeit, 24 Stundenarbeit, Business-Flüge, Hochgeschwindigkeitszüge, Fließbandarbeit, Regelmäßigkeit, Alltag, Internet, Mail und Hoffnung gibt, kann Warten auf Godot nicht als absurdes Theaterstück bezeichnet werden. Das ist die größte Lüge, die ich je gehört habe. Und alle Menschen, die diesen alltäglichen Wahnsinn mitmachen oder diesem Wahnsinn entkommen wollen, werden endlich ein Theaterstück sehen, das sie versteht. Niemand von uns versteht “Warten auf Godot”, aber “Warten auf Godot” versteht uns!”

In diesem Sinne war Buñuel kein Surrealist, Beckett kein Absurdist, sondern beide waren und sind Realisten.

PS.: Erdogan bekommt den Preis gar nicht für Toleranz:

http://www.heise.de/tp/blogs/6/151630

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